„Sieben Alphamännchen – da kann das schon krachen“ Markus Grosskopf von Helloween im Interview

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Helloween haben mit dem gleichnamigen neuen Album einen echten Paukenschlag in die Rille genagelt. Grund genug für uns Gründungsmitglied und Bassist Markus Grosskopf zum Interview zu laden, bei dem der sympatische Hamburger bester Laune war.

Hallo Markus, freut mich total, dass ich die Gelegenheit habe, mit dir heute hier zu quatschen. Vorab: Ich bin ein wenig aufgeregt, das ist mein erstes Interview dieser Art, und dann direkt mit einem Helden meiner Jugend… Ich kann mich erinnern, dass ich damals von der Keeper I so eine Promo-Cassette hatte, da habt ihr über die Songs gequatscht, kannst du dich daran noch erinnern?

Markus Grosskopf: Ja, gab’s das damals? Das haben wir damals rausgebracht oder was? Über die Plattenfirma? *lacht* Was ich nich schon gemacht hab, ne? Das kann schon sein. Und guck, jetzt werde ich dich journalistisch entjungfern.

Hoffentlich tut’s nicht weh, sei bitte vorsichtig.

Jaja, ich unterhalte mich nur mit Kondom!

Na prima! Dann schieß ich mal los: Du hast ja gesagt, du seist einer der letzten Überlebenden der ersten Stunde. Also kennst du wahrscheinlich alle Beteiligten ja in- und auswendig. Haben sich die Jungs in den letzten 30 Jahren sehr verändert und hat das diese Reunion erst möglich gemacht oder wie siehst du das?

Ja, ich glaube Michi (Kiske) hat sich schon sehr verändert, zwar nicht in seiner Grundeinstellung, der war ja schon immer – wie sagt man – religiös unterwegs, aber er hat seine Ansichten von damals sehr verfeinert, ist oft anthroposophisch unterwegs, was ihm selber sehr gut tut, aber er hat sich das bei uns so sortiert, dass es alles irgendwie passt. Außerdem sind wir nicht mehr so hitzköpfig wie vor tausend Jahren, als wir noch jung waren und die Diskussionen abgingen. Und das hat sich einfach inzwischen in die Richtung bewegt, dass man sich jetzt vielleicht denkt: „Den Scheißdreck hab ich alles schon mal durchgemacht, das brauch ich jetzt nicht mehr.“ Ich merke schon ne Bereitschaft, jetzt auch mal auf die anderen zuzugehen und wir sind alle besser im Takt, besser genordet.

Und diese Grundstimmung hat dann sicher auch geholfen, das Album unter Corona-Bedingungen fertigzustellen? Ich gehe davon aus, dass ihr ja nicht alle in einem Haushalt wohnt.

Mit Michael Kiske zurück an Bord (l.) gibt es gleich drei Sänger. Markus Grosskopf findet es gut. Fotos: Thorsten Seiffert

 

Ja, angefangen haben wir, da war noch nichts mit Corona. Den ersten Monat haben wir noch im Studio gezockt und arrangiert. Das war schon geil. Und dann ging’s los, dass wir uns dann verteilt haben.

Ich hab dann in Hamburg den Bass aufgenommen, wo Hansen seine Gitarren eingespielt hat, in Süddeutschland wurde das Schlagzeug irgendwo aufgenommen, Saschas Gitarren vermutlich in Berlin oder so, Weikis Gitarren auf Teneriffa und so, gemischt wurde in New York, aber das ging.

Wir haben uns die Files hin und her geschossen, aber die Arbeitsweise kennen wir von den vorigen Alben ja auch schon, das war nichts Neues.

Geil war aber, dass die Pandemie uns die Zeit am Anfang gelassen hat, im Studio noch zu arrangieren und zu schreiben und so.

Und dann hat es wahrscheinlich auch geholfen, dass die Tour verschoben wurde?

Der ganze Release wurde ja deshalb um ein Jahr verschoben. Normalerweise wäre ich jetzt sonstwo auf der Weltkugel. Aber wenn unser Management Langeweile hat, dann setzen die sich hin und verschieben mal eben so ne ganze Helloween-Welttournee, denn die Spots musst du ja haben. Wenn alle wieder dürfen, will ja jeder dann auch sofort wieder los. Dann kriegst du ja monatelang erst mal nix. Deshalb wurde die Tour inzwischen zum Teil dreimal umgebucht. Aber inzwischen sind ja viele geimpft, viele habens gehabt, ich bin zuversichtlich, dass wir nächstes Jahr im April wieder loskönnen.

Positiver Nebeneffekt: Hammerfall sind jetzt mit dabei, das ist dann schon ein nettes Paket.

Ja, das ist auch ne geile Sache. Und die spielen nicht nur so ein 45-Minuten-Vorprogramm, sondern die haben wir als Very-Fucking-Special-Motherfucker eingeladen, die spielen dann so ne Stunde fuffzehn und hinterher kommen wir dann mit unseren zwei Stunden. Da haben wir uns gedacht, wenn die schon mitkommen, dann sollen sie auch ruhig länger mal rumholzen.

Also besser mal ein zweites T-Shirt einpacken, meinst du?

Nee, kannste da direkt eins kaufen, hehe…

Mensch, da kommt direkt der Vertriebler raus… Jetzt habt ihr erstmals ja drei Sänger an Bord. War das schwieriger, die verschiedenen Parts auf die drei zu verteilen oder hat sich das ergeben, weil nicht jeder alles singen kann?

Na ja, als das ausgewählt wurde, war ich bei der Auswahl gar nicht dabei, weil wir uns ja nicht treffen durften. Das haben die dann zu dritt oder viert im Studio unter sich ausgemacht. Deswegen war ich genau so überrascht wie du, als ich es erstmals gehört hab. Aber als wir bei den Proben da so rumgenudelt haben, hab ich schon gehört, ach, das ist vielleicht eher ein Part für Michi, oder Michi meinte „Das liegt mir eher nicht so, das soll mal der Andi machen“. Aber die finale Auswahl ist dann am Ende bei denen getroffen worden. Aber am Ende klingt das doch schweinegeil.

Mich hat das Ganze teils an die Keeper-Scheiben erinnert. Waren die beim Schreiben im Hinterkopf?

Nicht unbedingt. Du wirst natürlich immer mit den Scheiben konfrontiert als Helloween. Eigentlich wollten wir nur ein Album machen mit coolen Songs und so, und dann kam Kai plötzlich mit dieser Idee, die auch geil war, die wurde dann auch immer länger und war auch episch angelegt, und das war dann plötzlich Skyfall. Wer weiß, vielleicht gibt’s da ja auch nochmal nen zweiten Teil, der ist ja vielleicht noch nicht zu Ende. Muss man dann mal sehen.

Ich fand ja die Single schon top, aber dann auf dem Album dann nochmal fünf Minuten obendrauf, das hat mich schon weggeblasen.

Dankeschöööön!

Aber diese Erwartungshaltung der Fans, Kiske wieder dabei und so, hat euch das das Songwriting eher erschwert oder eher beflügelt? Wie schätzt du das ein?

Wir sind fünf Songschreiber und eigentlich hatten wir keine Angst, dass da was schiefgehen könnte, aber uns war schon klar, dass wir mit den Keeper-Alben verglichen werden. Daher wussten wir, dass wir da ein Hammerbrett abliefern müssen, das von der Klasse her auch Helloween entspricht. Davor hatten wir aber gar nicht so ne Angst, weil viele gute Leute dabei sind einfach. Das Album ist ja auch sehr vielseitig. Das liegt natürlich daran, dass da viele Leute einen Kuchen backen, aber das lassen wir dann halt auch zu. Dann hast du diese schnellen Songs, wenn Weiki was schreibt, ist das eher ne Hymne, dazu die Mega-Rocker von Andi, mit Skyfall haben wir ne fette Kai-Attitüde drauf, ich bin mehr so angepunkt und anrocknrollt im Metal-Bereich und Saschas Songs haben auch ihre eigene Handschrift. Da braucht man keine Angst zu haben, dass man kein Material hat. Eher umgekehrt.

Dann würde ich vermuten, die Tatsache, dass keine Ballade auf dem Album ist, liegt darin, dass einfach zu viele andere Nummern noch ne Ecke besser waren? Dann müsstet ihr ja was in der Hinterhand haben.

Wir hatten tatsächlich eine und die hätte generell vielleicht auch gepasst, aber als die fertig war, kamen immer mehr Ideen, die noch besser zu machen. Da lief uns dann die Zeit ein bisschen weg. Dann haben wir gesagt, wir lassen die nochmal liegen vielleicht fürs nächste Album oder so. So können wir da nochmal rüber und gucken, dass wir da noch den letzten Zipfel rausholen. Wenn wir alle zufrieden sind, kommt die aber bestimmt nochmal raus.

Dann sind wir bei der Zukunft. Die Tour haben wir ja schon angesprochen, aber was kommt danach?

Dann machen wir Pause, schreiben Songs und dann kommt das nächste Album. ZACK! Da kriegt ihr gleich noch eins vor den Latz geballert, hehe… Ihr hattet jetzt so lange Pause. Kai hat mal gesagt, wenn man sieben Alphamännchen auf einen Haufen packt, dann kann das schon krachen, aber generell haben wir schon vor, dass jetzt erst mal so zu siebt auch weiterzumachen, bis es vielleicht dann altersmäßig nicht mehr geht und die Rente uns einholt. Mich hält da mit meinen 55 Jahren nix auf und die anderen sehen das vermutlich genauso.

55 schon! Jetzt fühle ich mich alt!

Ja, Metal hält jung.  *lacht hämisch*

Und wie überbrückst du die Zeit gerade bis zur Tour, wenn du nicht gerade Interviews gibst?

Ich bin das erste Mal seit den 80ern am Stück zu Hause und hab gesagt, ich mach jetzt erst mal nix. Ich komm ja gerade aus dem Studio, da setze ich mich nicht direkt wieder an den Rechner. Ich hab jetzt erstmal das Haus ein bisschen fertig gemacht und so und das tut auch mal ganz gut. Das kann ich aber auch nur, weil ich bei Helloween bin, ich hab Kumpels in Top-40-Bands, die sind sonst am Wochenende unterwegs und standen unter der Woche hinterm Tresen, die haben jetzt gerade gar nix. Die haben gerade ganz andere Probleme.

Dann würde ich dich jetzt abschließend gerne bitten, mir noch meine CDs zu signieren, aber das geht ja nicht…

Ja, guck mal, früher mussten wir sogar zwischen den Touren noch reisen, um Promo zu machen, da ist es doch so viel einfacher. Wir werden ja auch nicht jünger.

Jünger nicht, aber reifer! Wie gesagt – Mega-Scheibe, macht gerne so weiter! Danke fürs Interview!

Jou, mook wi. Alles Gute, schööö!

Auf der Bühne immer für einen Spaß zu haben: Markus Grosskopf.

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