“Lemmy war der Coolste” – Doro im Interview

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Zur Veröffentlichung der Lemmy-Tribute-CD “Snaggletooth” hat der Eventkompass Metalqueen Doro zum Interview geladen und mit ihr sehr ausführlich über ihren guten Freund, ihre Band und den Ausgang der US-Wahl geplaudert.

 

RocknRoll-Reporter: Auf dem gerade erschienenen Lemmy-Tribute “Snaggletooth” bist du mit dem Duett “Love me forever” vertreten. Der Song ist ja bereits von 2003 (und die Motörhead Version von ’91). Welche Erinnerungen hast du an den Aufnahmeprozess und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Lemmy?

 

Doro: “Love me forever” war immer mein absoluter Lieblingssong. Ich habe irgendwann meine alte Plattensammlung durchgeforstet und die “Nö sleep at all” rausgeholt und da waren Fotos auf der Plattenhülle. Eins zeigte mich im Arm von Lemmy beim “Monsters of Rock” 1986 in Castle Donington. Da haben wir uns schon so super verstanden und als ich das Foto gesehen habe, habe ich gedacht, es wäre toll, mit dem mal etwas zusammen zu machen. Ich hatte vorher noch nie ein Duett gemacht. Da wir auf dem gleichen Label waren, habe ich dem Lemmy einfach einen Brief geschrieben. Here is a little girl from germany und, wenn du irgendwann mal Bock und Zeit hast, können wir ja mal was zusammen machen. Dann habe ich das auch vergessen und erst mal nichts gehört. Ein paar Monate später – ich machte gerade eine sehr harte Zeit durch, weil mein Papa gestorben war, bekam ich einen Anruf – von Lemmy!
Ein paar Wochen später bin ich schließlich nach L.A. geflogen und Lemmy hat mir “Alone again” vorgespielt. Das hat mich zu Tränen gerührt und wir haben den zusammen aufgenommen. Da wir noch Zeit hatten, versuchten wir uns noch an “Love me Forever”, weil ich den immer so geliebt habe. Kiss-Schlagzeuger Eric Singer hat da getrommelt. Einspielen und abmischen hat rund drei Wochen gedauert. Wir haben in der Zeit Tag und Nacht gequatscht und ich hab Lemmy durch die Gegend gefahren. Er hat das so gern gemocht, Kassette oder CD zu hören und einfach nur durch die Nacht zu fahren. Da hat er mir alle möglichen Sachen vorgespielt – von alten Motörhead-Sachen zu anderen Künstlern, die er gern mochte. Skunk Anansie war damals etwa eine seiner Lieblingsbands. Wenn wir im Stau standen, ist er rausgegangen mit seinen weißen Cowboystiefeln und hat ein Zigarettchen geraucht, woraufhin viele Fans ihn erkannt haben, den Wagen einfach abgestellt haben, um sich Autogramme zu holen oder Fotos zu machen. Da ist der Stau dann ziemlich angewachsen.

 

Du bist lange Jahre gut mit Lemmy befreundet gewesen. Wie hat dich die Nachricht von seinem Tod erreicht?

 

Doro: Ich habe in New York einen Anruf bekommen von einer lieben Freundin, die sich immer um Lemmy gekümmert hat, dass es ihm ganz schlecht geht. Ich habe das ja schon oft miterlebt, es war aber meistens immer so, dass er mal ins Krankenhaus oder zum Arzt musste und ein paar Tage später ging es dann wieder und er hat sich berappelt. Da habe ich aber das erst mal gedacht, dass es dieses Mal zum Äußersten kommt und mir sind sofort die Tränen herausgeschossen. Einen Tag später habe ich dann noch einen Anruf und viele SMS bekommen, dass Lemmy von uns gegangen ist. Man hat ja immer gedacht, dass Lemmy unsterblich ist. Da bin ich aber total auseinander gefallen. Ich wollte ihm aber auf jeden Fall die letzte Ehre erweisen und bin nach L.A. zur Beerdigung geflogen. Alle waren da, Rob Halford, Gene Simmons, Metallica – es war total traurig.

 

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Was war das Verrückteste, was du mit Lemmy erlebt hast?

 

Doro: Das war auf jeden Fall der allererste Tag, an dem ich ihm begegnet bin, lange vor dem Duett. Es war in London und für mich ein ganz wichtiger Tag. Ich sollte mich dort vorstellen, ein paar Songs mit einer Band spielen. Journalisten, Agenten und Plattenfirmenleute waren da. Wir haben ein paar Songs eingeprobt und es lief ganz ok.

Ich kam mir aber ein wenig einsam vor, weil ich ja ohne meine Band da war. Dann bin ich ein wenig rumgeschlendert und an der nächsten Ecke in einen Pub gegangen. Das war das erste Mal, dass ich überhaupt in einem war. Da bin ich also rein und wen sehe ich: Lemmy an der Theke mit Zigarettchen und Whisky-Cola. Ich bin dann hin und habe gefragt, ob er Lemmy sei und er sagt: Ja, und du bist doch Doro von Warlock.

Daraufhin haben wir ein wenig gequatscht und obwohl ich eigentlich nie viel getrunken habe, hat er einen Whisky-Cola nach dem anderen bestellt. Dazu muss man sagen, dass Lemmy immer 80/90 Prozent Whisky in der Mischung hatte. Da haben wir uns aber total angefreundet und gekugelt vor Lachen. Ich hab ihn sofort in mein Herz geschlossen und auch er hat sich sofort total wohl gefühlt. Nach fünf, sechs Drinks hat er mich dann daran erinnert, dass ich ja eigentlich wegen etwas anderem in London war, dass es um alles ging: Plattenvertrag, Tour, Zukunft. Lemmy hat mir dann viel Glück gewünscht.

Dann bin ich reichlich angetüdelt zurück und da waren alle da und haben schon auf mich gewartet. Ich also auf die Bühne rauf, die Band fängt an zu spielen und mir fällt kein einziger Text mehr ein. Ich habe mich dann einfach aufs Drumpodest gesetzt, Kopf in die Hände und gewartet, bis die Band fertig war.
Die Leute standen da mit aufgerissen Mündern und Augen und haben mir gesagt, dass ich gerade meine Karriere ruiniert habe. Und ich habe nur gesagt: Aber ich bin beste Freundin mit Lemmy! Sie waren verdutzt, ich habe die Geschichte erzählt und alle haben gelacht und mir vergeben. Ich hab sogar den Plattendeal bekommen, ohne nur einen Ton zu singen. Lemmy war einfach schon damals für alle der Coolste. Wenn Lemmy etwas gesagt hat, hatte man nicht zu widersprechen.

 

Im April bist du im Frühstücksfernsehen zu Gast gewesen. Fällt es dir leicht früh aufzustehen und wie sieht eigentlich ein typischer Tag in deinem Leben aus?

 

Doro: Ich gehe schlafen, wann ich schlafen kann. Das kann auch um 9 Uhr morgens sein, wenn ich die ganze Nacht an Songs gesessen habe. Ich arbeite gerne nachts, 

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bin morgens nicht so gut dabei und quäle mich eher durch den Tag. Wenn ich natürlich morgens etwas vor habe, klappt das natürlich auch. Aber nachts hat man seine Ruhe, es hat eine andere Magie, alle schlafen, man kann sich spirituell mehr öffnen.

 

Die USA sind ja so etwas wie deine Wahlheimat, gerade erst habt Ihr drüben getourt. Was denkst du über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen? 

 

 Doro: Ich habe das schon fast kommen sehen. Wir waren ja viel vor Ort bei der Tour, in verschiedenen Städten. Kurz vor der Wahl war ich in Florida und habe schon gedacht, dass es knapp wird. Ich bin schon total geschockt und habe eigentlich gedacht, dass Clinton gewinnt. Aber beide waren ja nicht beliebt. Der Trump war eher so ein “Outlaw”, ein “Outsider” und die Leute hatten die Nase voll von dem ganzen normalen Politiker-Geschwafel, wollten dem Establishment eins auswischen. Es geht vielen Leute in den USA nicht gut. Das erste Mal war ich 1986 drüben und die Grundstimmung war damals eine völlig andere. Man hatte da wirklich das Gefühl, es ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem man es mit viel Arbeit zu etwas bringen kann.
Die letzten Jahre ist es schon total schwer geworden und ich kann mir vorstellen, dass viele Leute gedacht haben, dass sie einen radikalen Wechsel wollen. Für Europa ist das sicher nicht so gut. Ich war in der Wahlnacht ja beim ZDF in Berlin und habe bis zwei Uhr noch gedacht, dass Clinton gewinnt. Dann aber holte Trump enorm auf. Ich kenne ihn aus seiner TV-Show und habe sogar einige Motivationsbücher, die Trump geschrieben hat. Der will halt immer gewinnen, aber ob er so gut mit Menschen kann und das Zusammenspiel mit anderen Nationen beherrscht? Die Weltlage ist ja doch ziemlich heikel gerade.

Deine Band ist seit Jahren so ziemlich unverändert, wie wichtig ist die Kontinuität?

 

Doro: Es ist total wichtig. Wenn einer nicht mehr möchte, dann verstehe ich das. Touren ist knochenhart. Es sieht einfach aus, aber es ist wirklich enorm anstrengend. Wenn da einer raus will, kann ich das akzeptieren, bin aber wirklich bemüht, alles zusammenzuhalten. Wir sind ein gutes Team, jeder hat seinen Platz und ist glücklich, das ist mir wichtig. Wir gehen bald wieder auf Tour. Vorher bin ich noch im Studio in Hamburg, um einige Songs zu schreiben, einen Lemmy-Tribute fertigzustellen. Der heißt “Living life to the fullest” und ist ihm gewidmet. Die Melodie ist mir auf dem Weg zur Beerdigung im Flieger eingefallen und der Song wird auf jeden Fall auf der nächsten Platte sein. Vielleicht nehme ich auch noch eine ganz außergewöhnliche Motörhead-Nummer auf. Im nächsten Jahr wird die CD dann wohl erscheinen.

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