Night Flight Orchestra ist die Classic-Rock Band von Björn Strid (Soilwork) und Sharlee D’ Angelo (Arch Enemy). Nach dem superben Debüt schneiden sich die Nachtschwärmer mit “Skyline Whispers” einen Nachfolger aus den Rippen, der der ersten Scheibe nur in wenigen Aspekten nachsteht und eine der besten Platten des Jahres 2015 sein wird. Verrückt ist es natürlich völlig, dass man mit dieser Art der Musik in diesem Jahrzehnt überhaupt Erfolg haben kann.
Denn Night Flight Orchestra klingen wie Ende der 70er, Anfang der 80er gute (moderate) Rockmusik geklungen hat und Strid hat das Rezept des Classic Rock derartig zu seiner Leibspeise verkocht, dass es eine wahre Wonne ist. Mit “Sail on” setzen die Schweden einen beeindruckenden Kurs gleich zu Beginn. Hooklines, Instrumentierung, Dynamik – das Night Flight Orchestra wäre in einer perfekten Welt Headliner eines jeden Rockfestivals (und würden dafür sorgen, dass Soilwork das Nebenprojekt von Björn Strid wäre und nicht anders herum).
Um die Musik des “Orchesters” zu verstehen, muss man nicht den echten Classic Rock zu seiner Hochzeit live erlebt haben, helfen kann das aber ungemein. Besonders angenehm: Während sich das Gros der in der Classic Rock-Welle involvierten Bands auf Urväter wie Led Zeppelin beruft, haben Strid und Co deutlich feinere Züge als Referenzen vorzuweisen.
Ein wenig Kansas, etwas REO Speedwagon oder auch mal einen Hauch Journey – die Reise, die auf “Skyline Whispers” perfekt fortgesetzt wird, führt weg von den komplett ausgetretenen Pfaden des Retro-Booms.
Mit “Living fot the Nighttime”, “Lade Jade” (umwerfender Refrain), dem mitreißenden “Demon Princess” oder “All the Ladies” zeigen Night Flight Orchestra, was sie am besten können: eine Zeit der Musik zelebrieren, die nach Vinyl riecht, die nach unbeschwerten nächtlichen Autofahrten auf leeren sommerlichen Highways schreit. Ab und an wird es experimenteller als auf dem Debüt, etwa bei “The Heather Reports” oder “Spanish Ghosts”, was “Skyline Whispers” sperriger als den Erstschlag macht. Schnell öffnet sich aber auch diese Schatztruhe wie von selbst und lässt besagte Songs wie Diamanten im Sonnenlicht funkeln. Was stinkt? “Stiletto” ist zu cheesy, mehr Mitt-80er als alles andere. Dazu erscheint mir das Instrumental “Owaranai Palisades” überflüssig, doch das ist Meckern auf ganz hohem Niveau.
Fazit: Mitreißende Fortsetzung des Nachtflugs in die 70er
Die Tracklist:
01. Sail On
02. Living For The Nighttime
03. Stiletto
04. Owaranai Palisades
05. Lady Jade
06. I Ain’t Old, I Ain’t Young
07. All the Ladies
08. Spanish Ghosts
09. Demon Princess
10. Skyline Whispers
11. Roads Less Traveled
12. The Heather Reports
13. Floridian Eyes (exclusive digipak bonus track)
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.