Die ungekürzte Neuauflage von George R. R. Martins monumentaler Fantasy-Reihe durch Stefan Kaminski markiert eine Zäsur im deutschen Hörbuchmarkt. Der Stimmkünstler verbindet literarische Texttreue mit moderner Produktionsästhetik – ein Balanceakt, der sowohl Puristen wie Serienfans gerecht wird. Das Ergebnis dieser intensiven Studioarbeit können Hörerinnen und Hörer nun in sagenhaften 212 Stunden Laufzeit erleben.
Akustische Charakterstudien

Kaminskis stimmliche Bandbreite zeigt sich in der Differenzierung von über 130 Figuren. Während Robert Baratheon durch polternden Bass an Urgewalt gewinnt, offenbert Tyrion Lannisters sarkastischer Sprechduktus verborgene Verletzlichkeit. Besonders bemerkenswert: Die Interpretation weiblicher Charaktere jenseits klischeehafter Stimmakrobatik. Daenerys‘ Entwicklung vom verunsicherten Mädchen zur selbstbewussten Herrscherin spiegelt sich in subtilen Modulationen der Sprachmelodie.
Stefan Kaminski (*6. Juni 1974 in Dresden) zählt zu den vielseitigsten Stimmenkünstlern Deutschlands. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Hörbuchinterpret studierte von 1999 bis 2003 an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin und begann seine Karriere am Deutschen Theater Berlin, wo er mit Regisseuren wie Dimiter Gotscheff und Jürgen Kruse arbeitete.
Der Sprecher verbrachte 2024 insgesamt 100 Tage im Tonstudio, um 7.000 Seiten Text einzulesen. Die opulent gestaltete und limitierte Edition enthält umfangreiches Zusatzmaterial, interaktive Elemente und eine Landkarte in Postergröße – ein echtes Highlight für alle Fantasy-Begeisterten.
Modernisierung mit System
Die Entscheidung für englische Namensformen („Jon Snow“ statt „Johann Schnee“) schafft bewusst Anknüpfungspunkte zur HBO-Adaption. Diese Transmedialität wird durch akustische Referenzen an die Serie unterstützt – etwa in der Darstellung von Drachenrufen oder der Klangarchitektur der Eisernen Inseln. Gleichzeitig bleibt die Produktion textuell der deutschen Übersetzung verpflichtet, was besonders in Tyrions wortgewaltigen Monologen zur Geltung kommt.
Die Produktion navigiert geschickt zwischen literarischem Anspruch und Popkultur. Während die bis zu 24-stündige Laufzeit (Band 10) Texttreue garantieren soll, verhindert Kaminskis temporeiche Dialoggestaltung monotone Passagen.
Besser geht es nicht: Stefan Kaminski ist der perfekte Reiseleiter für den Trip nach Westeros.
