Spätestens, seit der Commodore 64 die Wohn- und Kinderzimmer der Welt erobert hat, ist das Zocken diverser Spiele vom belächelten Hobby zur Passion vieler Generationen geworden. Und so lockt die GamesCom in Köln Gamer aus aller Welt herbei, um die neuesten Spiele auszuprobieren.Da der Veranstalter die Gänge entlasten möchte, sind die Messehallen etwas lockerer besetzt. Dass Branchen-Gigant Blizzard in diesem Jahr auf den Auftritt in Deutschland verzichtet, um seine Entwicklungen rechtzeitig für die hauseigene “Blizzcon” fertig zu bekommen, fällt daher nicht ganz so ins Gewicht, wie zunächst befürchtet.
Electronic Arts zeigt in diesem Jahr mit Need For Speed Heat, Apex Legends und dem neuen Fifa 20 lediglich drei Titel. Der Fifa-Stand ist dabei deutlich kleiner als noch in den Vorjahren, obwohl dieser jedes Mal einen riesigen Andrang bewältigen musste. Auch fehlt offenbar eine Zeitbegrenzung, was sich dann tatsächlich auch am Fachbesuchertag in langen Wartezeiten niederschlägt. Zu Fifa selbst: Der Fußball-Klassiker glänzt wie üblich mit vielen Original-Teams, Namen und erstaunlich realistischen Gesichtern. Im Gameplay ist festzustellen, dass das Verteidigen an Schwierigkeit zugelegt hat. Mit mehr Übung ist dies aber sicher zu bewältigen. Aber warum ist der Schiri hell-grün gekleidet, wenn ein Team in gelb spielt? Der neue Volta-Modus (3 gegen 3 ohne Keeper im Käfig) erweist sich zumindest im Spiel gegen die KI als Reinfall: Auf dem “Semi-Pro”-Schwierigkeitsgrad gelingt dem Gegner auch bei leerem Tor kaum ein Treffer, während man bei eigenem Ballbesitz aus allen Lagen trifft. Ein 19:2 nach zweimal drei Minuten Echtzeit spricht Bände. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Feature im eSports bewähren kann.
Der große Konkurrent von Fifa ist seit jeher Konamis Pro Evolution Soccer. Und natürlich gibt es auch in diesem Jahr eine neue Version, die nicht nur mit aufpolierter Grafik und verbessertem Gameplay daherkommt (müde Spieler schleppen sich über den Platz, Pässe gelingen aus gewissen Bewegungen heraus nicht mehr so präzise…), es ist zudem gelungen, das komplette Team der “alten Dame” Juventus Turin aus den Fängen von EA zu zerren. Auch die Allianz-Arena der Bayern ist originalgetreu nur in PES zu finden – mit 14 von 18 echten Stadien braucht sich aber auch Fifa nicht zu verstecken.
Im direkten Vergleich wird Fifa wahrscheinlich eher die Massen ansprechen, während der Realismus-Fan eher zu PES greifen wird. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, wenn sich in puncto Lizenzen nicht ein Wunder ereignet.
Den Raum von Blizzard nimmt in diesen Jahr Square Enix mit einem enormen Stand ein, an dem nicht nur Final Fantasy XIV (der aktuell wohl größte World of Warcraft-Rivale) gespielt werden kann, auch das lang ersehnte Remake von Final Fantasy VII ist erstmals anspielbar. Zudem erwartet denjenigen, der eine der langen Warteschlangen hinter sich bringt, eine erste spielbare Demo der Avengers-Umsetzung. In einer Art Tutorial darf man sich mit Thor, Iron Man, dem Hulk, Captain America und Natasha Romanov durch eine Horde Gegner schnetzeln und dabei allerhand Special Moves einsetzen. Das wirkt auf den ersten Eindruck sehr überfordernd, kommt aber optisch äußerst ansprechend daher. Für Fans sicher ein Muss.
Cyberpunk 2077 dürfte in diesem Jahr jedoch DER Kracher auf der GamesCom sein. Da sich jedoch bereits wenige Minuten nach Öffnung der Messe dort bereits eine Schlange einmal um den Stand herum gebildet hatte, war mir die Zeit zu schade. CD Project Red hat mit der Witcher-Saga eine dermaßen gute Referenz vorgelegt, dass ein Erfolg quasi vorprogrammiert ist.
Kuriositäten gab es natürlich auch zu entdecken. Dort, wo am Stand eine Fast-Food-Riese eine Goldene Karte (entspricht lebenslangem (!) kostenlosen Essen) zum Erspielen mit dem Big-Bang-Theory-Klassiker “Stein, Papier, Schere, Echse, Spock” andient, befindet sich auf der anderen Seite ein Mini-Fitness-Studio inklusive Personal Trainer einer großen Krankenkasse – darauf muss man auch erst mal kommen. Und am Stand des Landwirtschafts-Simulators (jetzt neu: mit Liga (sic!)) konnte man sogar stilecht auf Röhrenmonitor eine Umsetzung für den C64 spielen.
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.