Radiohead: In Rainbows

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Mit dem Pre-Release ihres siebten Studioalbums „In Rainbows“ per Pay-what-you-want-Download haben Radiohead im Oktober 2007 nicht nur Marketingneuland betreten, sondern auch gehörig die Musikbranche aufgemischt. Um all dies wird es im Folgenden allerdings nicht gehen. Vielmehr steht hier wieder die Musik im Mittelpunkt. Und das aus gutem Grund: Denn seit Anfang 2008 ist das neue Werk der Alternative-Masterminds aus Oxford/UK endlich auch für jedermann als physikalischer CD-Tonträger erhältlich. Zu einem Meisterwerk indes ist das aktuelle Album nicht geraten – so viel sei schon mal verraten.

Aber was heißt das schon? Immerhin haben sich Thom Yorke & Co. mit ihren epochalen Longplayern „OK Computer“ (1997) und „Kid A“ (2000) längst schon zwei der vorderen Plätze im Pantheon der Rockmusik gesichert. Zu toppen ist das kaum noch. Und während artverwandte Acts wie Coldplay, Muse oder Travis für derart erstklassiges Songmaterial wie auf „In Rainbows“ wohl sofort ihre Seele an den Teufel verhökern würden, brillieren Radiohead dieses Mal durch – gemessen an ihren musikalischen Möglichkeiten – künstlerisches Understatement und ungeahnte Spielfreude: Weniger sperrig, experimentell und verstörend als auf ihren teils arg vertrackten Vorgängern schlagen Radiohead mit ihren zehn neuen Songs nun einen perfekten Bogen zwischen Ambition und Konsens. Freilich ohne dabei auch nur im Mindesten an Niveau zu verlieren. „In Rainbows“ ist das klassische Album einer großen Band. Ein Fast-Meisterwerk, das überrascht, begeistert und aussöhnt.

Schon die ersten Breakbeats des Openers 15 Step machen dies deutlich: Selten klangen Radiohead einladender als hier. Man kann dazu sogar richtig augelassen tanzen. Direkt danach fräsen die grantigen Gitarren von Bodysnachters aber auch schon eine erste Zäsur in die Albumstruktur – bevor die Band dann mit Nude eine der besten Balladen (und überirdischsten Gesangsperformances Thom Yorkes überhaupt) ihrer Karriere folgen lässt. Anything goes. Innerhalb der somit festgelegten Koordinaten oszilliert auch der Rest des neuen musikalischen Outputs. Alles ist hier an seinem Platz – nichts eckt an, nichts sackt ab. Mal geht es dabei ein wenig flotter zu wie bei der dezent angejazzten Drums ’n’ Bass-Fingerübung Weird Fishes/Arpeggi, mal fast schon „trippig“ wie bei All I Need mit seinem furiosen Finale oder positiv versponnen wie beim akustisch dominierten Reckoner. Die erste Singleauskopplung Jigsaw Falling Into Place ist da noch der gewöhnlichste großartige Song des Albums. Wirklich schwache Nummern sucht man auf diesem neuerlichen Geniestreich ohnehin vergeblich.

Fazit: Mit „In Rainbows“ haben Radiohead nicht nur ihr bisher drittbestes Album vorgelegt, sondern womöglich auch einen der besten Longplayer der Jahre 2007 und 2008. Denn in den meisten Jahrespolls dürfte „In Rainbows“ wegen des ausgeklügelten Marketingkniffs gleich doppelt auftauchen. Auch dies ein Geniestreich.

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