Jack Ketchum: The Lost (Roman)

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Sparta/New Jersey, 1969: ein Kleinstadtleben zwischen Vietnam, Woodstock und den Pilzköpfen. Angelehnt an die auch im Roman verarbeiteten Tate-LaBianca-Morde, eine schwarze Episode der US-amerikanischen Kriminalgeschichte, baut Jack Ketchum hierher die Ereignisse um den Protagonisten Ray Pye und dessen engste Freunde Tim Bess und Jennifer Fitch, die im Sommer 1965 die Leichen zweier „verfickter Lesben“ am Turner´s Pool hinterließen (beziehungsweise eine der beiden stirbt im Nachhinein nach langem Koma). Vier Jahre später lässt der ungelöste Mordfall Detective Charlie Schilling und den mittlerweile im Ruhestand befindlichen Ed Anderson nicht los. Nicht ohne Grund: Mit Alkohol- und Drogenexzessen – weit voran der triebgesteuerte, furchtlose und schwer durchgeknallte Ray, der sich selbst zum „Jack the Ripper“ und „Zeremonienmeister“ heroisiert – macht das Dreiergespann stets auf sich aufmerksam und erschwert sich nicht zuletzt durch die explosive Beziehung zueinander das ohnehin zerrütete Leben. Die Schlinge zieht sich immer weiter zu, doch als Ray mit Katherine Wallace auf sein scheinbar würdiges Psycho-Gegenstück trifft, eskaliert die Situation …

Um Jack Ketchum konsumieren zu können, brauch es gewiss eine schmutzige Ader. Eine Spur pervers gar ist, wer ihn liebt. Verträgt es denn die Sitte, Lust zu schöpfen aus Verbalinjurien und körperlicher Pein, tyrannischer Liebe und viehischer Notzucht? Liegen denn Ekel und Wollust, Aversion und Amüsement so nah beieinander? Verlangt es Scham, gar Reue, hier zu Bejahren? Ich glaube nicht. Wer sauber bleiben mag, klappt ein Ketchum-Buch besser zu frühem Zeitpunkt wieder zu. Oder greift es besser erst gar nicht aus dem Regal. Wer sich dagegen zu den Literatur-Barbaren zählt – ein solcher bin ich ganz bestimmt – wird den Horrorliteraten mit (übelschmeckendem) Genuss verschlingen.

„The Lost“ fesselt den Leser nicht ganz so stark wie „Evil„, kommt aber nah heran: Der Faktor erregende Ernüchterung ist leicht geringer, umso spannender aber zeichnet der Autor die Hintergründe, Motive und Gefühle der Täter und ermittelnden Gesetzeshüter. Fazit: Ketchum gibt hier mehr den Thriller, denn einen Horrorroman, das aber wunderbar. Und sprachlich nimmt er erneut kein Blatt vor den Mund.


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