Danko Jones über Kiss, Lemmy und Kirk

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Danko Jones-1000966In Wacken geht die Welt fast unter. Das Festival ertrinkt an diesem Tag. Schlamm wird der treue Begleiter aller Besucher. Zum Glück ist das anvisierte Interview mit Kanadas Aushänge-Rocker Danko Jones, dessen neue CD „Rock and Roll is Black and Blue“ am 21. September erscheint, nicht unter freiem Himmel. Beim Eintritt in den verdunkelten Gibson-Tourbus weht den RocknRoll-Reportern ein kalter Hauch der auf Gefrierschrank eingestellten Klimaanlage entgegen. Die Fenster sind verdunkelt, der Gesprächspartner sitzt in einem großen Extra-Abteil des Busses, die Baseball-Kappe tief ins Gesicht gezogen, eine Kaputze drüber, dick eingemummelt. Er wirkt für einen Moment wie ein Gangsterrapper, dann aber lacht er freundlich  – und Danko Jones nimmt sich fast 45 Minuten Zeit für die RocknRoll-Reporter.

Wir tappen als erstes ins Fettnäpfchen, gestehen, dass wir finden, er rede viel, fast zu viel, auf der Bühne. Danko guckt irritiert. „Bin ich dafür bekannt?“ Ich gehe aufs Ganze und sehe mich mit Beton an den Füßen im Schlamm von Wacken ertrinken. „Eher berüchtigt, aber jetzt hast du ja eine Spoken-Words-Show in Wacken.“

So etwas hat Danko schon früher einmal gemacht, aber seit Jahren hat niemand mehr Interesse daran gezeigt, bekennt er. Nun sei es aber wieder soweit. Und Spoken Words will er das schon gar nicht nennen. „Das macht Henry Rollins, ich mache es ganz anders. Das ist Henrys Ding. Ich wollte nicht Henry Junior sein.“ Was denn sein Ding dabei sei, will ich wissen. „Ich wollte etwas machen, was mich darstellt. Deshalb habe ich Vorlesungen zu Kiss gehalten. Ich nenne es wirklich Universitätsvorlesungen zum Thema Kiss. Ich habe ein Podium, einen Schlips, ich sehe aus wie ein Professor.“

Kiss also. Die maskierten Altstars. Nur noch zwei Originalmitglieder, zwei weitere in den selben alten Kostüme wie die Ur-Mitglieder. Manche vergleichen dieses Spektakel mit „Abba – das Musical“ oder einer Broadway-Show. Könnte er sich denn vorstellen, bei Kiss einzusteigen, das Kostüm von Ace Frehley zu okkupieren, wie es dessen Ex-Roadie Tommy Thayer derzeit macht? „Ich könnte das deshalb nicht machen, weil ich nicht wie Ace spielen kann“, redet sich der hervorragende Gitarrist raus. 

„Außerdem bin ich nicht groß genug.“ Das sei aber nötig, wie Marty Friedman (Ex-Megadeth) bestätigen könne. Die beiden haben sich neulich in einem grandiosen Podcast ausführlich über ihre Kiss-Leidenschaft ausgelassen. „Ich habe Vorbehalte in das Kostüm von Ace zu schlüpfen. Aber wenn sie mir dann den Scheck präsentieren würden … Wer würde das nicht machen?“

Danko wird warm, hat mittlerweile die Klimaanlage abstellen lassen und es entsteht eine Kiss-Fandiskussion. „Warum haben sie Tommy keinen neuen Charakter gegeben? Ich habe das mit Marty diskutiert, denn das fand ich eine gute Idee, aber weißt du was? Er fand das fürchterlich.“

Danko Jones kommt in Fahrt, es geht um seine Helden. Da passt die nächste Frage perfekt.Wurde er jemals von einem seiner Helden enttäuscht, als er diesen dann endlich einmal treffen durfte?

„Ich bin da sehr nachsichtig. Es ist nicht oft passiert, vielleicht zweimal, aber ich bin wirklich sehr gnädig. Ich kenne diese Situationen. Du bist auf Tour, hast Stress, du erwischt jemanden an einem schlechten Tag. Da muss man vergeben können.“ Zu seinen Fans sei er selber immer freundlich, aber hinter den Kulissen könne schon einmal ein unfreundliches Wort fallen – auf Tour. „Aber, die ganzen Bands, mit denen wir aufgewachsen sind, die alten Meister, die sind nie so! Es sind unheimlich oft Leute totale Vollidioten, deren Band vor vier Monaten keiner kannte.“ Da sei nicht genug Zeit, geerdet zu werden. „Lemmy von Motorhead oder Kirk von Metallica, das sind alles ganz großartige Typen. Diese Leute haben alles Recht, zu jeder Zeit in jeder erdenklichen Stimmung zu sein, aber sie waren immer einfach nur liebenswürdig zu mir.“ 

Zum Schluss noch ein Wort zum Wacken-Festival: „Es gibt bei uns Zuhause nichts Vergleichbares. Nichts. Dieses Festival ist so besonders. Nichts ist hiermit vergleichbar, nichts.“ Zu guter Letzt ist Danko Jones (bei ausgeschalteter Klimaanlage) mehr als aufgetaut, erweist sich als überaus freundlicher, offener aber auch fordernder Interviewpartner. Beim Aussteigen zum Fototermin vor dem Bus ist Danko überrascht. „Hat es hier geregnet?“ Die Welt geht unter und Danko Jones merkt es nicht einmal.

Tourdaten:

21. Oktober Docks, Hamburg
23. Oktober Schlachthof, Bremen
24. Oktober Melkweg, Amsterdam
25. Oktober Ancienne Belgique, Brüssel
27. Oktober Abart, Zürich
29. Oktober Arena, Wien
30. Oktober Longhorn, Stuttgart
31. Oktober Theaterfabrik, München
01. November Postbahnhof Berlin
02. November FZW (WESTEND FESTIVAL), Dortmund
03. November Batschkapp, Frankfurt

 

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